Ein Hoch auf den Teamspirit (Interview)
Schlechte Stimmung unter den Mitarbeitenden – was tun? Wie Führungskräfte mit Konzepten und Richtlinien Barrieren verhindern und gute Laune am Arbeitsplatz schaffen. In diesem Interview mit GV-Manager und Frank Simmeth vom November 2024 gibt es nicht nur gute Gedanken und Impulse zu diesem Thema, sondern echte Lösungen…
Wo Menschen sind, da gibt es auch Konflikte. In der Gas- tronomie haben Kontroversen zwischen Küche und Service fast schon Tradition, aber auch in den einzelnen Teams gibt es Missstimmungen aller Art. Es ist Aufgabe der Führungskräfte, Bar- rieren in der Zusammenarbeit abzubauen und ein gutes Arbeitsklima für alle zu schaffen. Doch wie kann dies gelingen? GVMANAGER sprach mit Frank Simmeth zum Thema. Er ist Inhaber des Lehr- und Trai- nings-Unternehmens Simmeth – Impulse die bewegen. Der erfahrene Führungskräfte-Coach kennt die Methoden, mit denen Vorgesetzte das Miteinander am Arbeitsplatz verbessern und Konflikte vermeiden können. Seine Tipps lesen Sie im Folgenden.
Warum knirscht es so oft zwischen Küche und Service?
Küche und Service – oft ist es wie bei einem alten Ehepaar: Es geht nicht miteinander, aber auch nicht ohne einander. Laute Töne und verbale Entgleisungen sind oftmals Zeichen des schwelenden Dauer- konflikts. „Grundsätzlich wollen Küche und Service zwar das gleiche – den zufriedenen Gast. Doch Bedürfnisse und Herangehensweise sind verschieden“, erläutert Frank Simmeth die Hintergründe. Das Küchenteam will das heiße Essen möglichst schnell beim Gast sehen, um Qualitätseinbußen zu vermeiden. Die Sicht der Service- oder Ausgabe- mitarbeiter kann jedoch in diesem Moment eine andere sein. Vielleicht haben sich gerade im Servicebereich andere Prioritäten ergeben? Die Bereiche sind klassisch voneinander getrennt und wissen nicht um die momentanen Herausforderungen des jeweils anderen Teams. Schnell stellen sich Missstimmungen ein. „Hinzu kommt die Tradition. Schon der Küchenchef schimpft auf den Service und gibt diese Einstellung auch an seine Azubis weiter. So bleibt dieser Kleinkrieg zwischen den Abteilungen weiter zementiert.“
Wie kann eine Führungskraft die Zusammen- arbeit verbessern?
Egal, ob der Küchenmitarbeitende lieber TikTok-Videos schaut, anstatt den Braten vorzubereiten oder es generelle Kommuni- kationsprobleme im Team gibt – bemerkt die Führungskraft Verhaltensweisen, die das Betriebsergebnis negativ beeinflussen, muss sie eingreifen. Gut, wenn zuvor schon klare Richtlinien festgesetzt wurden, die die Zu- sammenarbeit regeln. „Führungskräfte, die bestimmte Vorstellungen haben, wie etwas zu laufen hat, dürfen nicht erwarten, dass ihre Mitarbeitenden dies genauso erfüllen. Das Fehlen von Richtlinien begünstigt Orientie- rungslosigkeit und damit Konflikte, die dann auch schwerer beizulegen sind.“ Im Team muss es deshalb einen Konsens über den wertschät- zenden Umgang miteinander geben. Schon der Ton macht die Musik: Ein Koch, der die Servicemitarbeiterin anraunzt, begeht einen Regelbruch. „Diskriminierende, entwürdi- gende, geringschätzende Formulierungen darf es am Arbeitsplatz nicht geben“, bekräftigt der Coach. Er plädiert deshalb für eine ausformu- lierte Maxime, die die Bedingungen für gutes Klima festklopft. Titel: „So gehen wir mitein- ander um“. Auch in Frank Simmeths betrieb- lichen Richtlinien stehe ein Gebot, das alle Mitarbeiter im Team auf ein wertschätzendes Miteinander einschwöre: „Wir behandeln uns gegenseitig niemals schlechter als Gäste.“
Und wenn es doch Konflikte gibt?
Je früher ein Konflikt am Arbeitsplatz erkannt und beigelegt wird, umso besser. Denn nach der Theorie des österreichischen Konfliktfor- schers Friedrich Glasl folgen auf Worte schnell Taten und die nächste Eskalationsstufe ist er- reicht. Die Servicekraft lässt z. B. die servier- fertigen Speisen am Pass über Gebühr warten, tags darauf revanchiert sich der Koch mit heißem Porzellan, was einer Körperverletzung gleichkommt. Beide Verhaltensweisen zeigen, dass Menschen bereits begonnen haben, die Empathie für ihr Gegenüber zu verlieren. „Damit lassen sie die Grundregeln der Kom- munikation und des wertschätzenden Umgangs hinter sich“, erläutert Frank Simmeth. „So weit darf es im Sinne des Betriebsfriedens nicht kommen.“ Deshalb sollte eine Führungskraft Konflikte und Regelbrüche schon im Ansatz erkennen und eingreifen. Die zuvor gemein- schaftlich festgelegten Richtlinien beinhalten auch die Konsequenzen bei Regelbruch.
Mit welchen Maßnahmen kann der Team- frieden wieder hergestellt werden? Streithähne mit einer väterlich-leeren Floskel wie „Mei… jetzt habt’s euch net so!“ be- schwichtigen zu wollen, spricht nicht für Füh- rungskompetenz. Führungskräfte müssen den Betriebsablauf sicherstellen und die nötigen Voraussetzungen schaffen, dass Mitarbeitende ihren Job gut erledigen können. Dazu brau- chen sie einen „Werkzeugkasten“ mit funk- tionierenden Tools. Eines davon sind zeitnahe Kritik- und Korrekturgespräche, in denen die betreffenden Mitarbeiter an die Einhaltung der gemeinsam gefassten Regeln erinnert werden. Die Fronten zwischen den Konfliktparteien können jedoch verhärtet sein. „Der Knack- punkt jeder Verhandlung: Appellieren Sie an das gemeinsame Ziel – den zufriedenen Gast. Und wecken Sie als Mediator die Erkenntnis, dass das gemeinsame Ziel durch das eigene Verhalten nicht näher rückt, sondern sich weiter entfernt“, rät der Coach. Oftmals sei dies die Eintrittskarte in die Bereitschaft, das eigene Verhalten zu ändern.
Welche Rolle spielen Briefings und Meetings für ein gutes Arbeitsklima?
Die Devise heißt: „Fassen Sie sich kurz!“ Führungskräfte, die in Teambesprechungen mit langen Monologen langweilen, trüben die Stimmung. In einem coolen Meeting sollte keiner sein Ego herauskehren und alle mindes- tens einmal kräftig gelacht haben. Frank Sim- meths Tipp: Beim Briefing der Küche könnte immer eine Servicekraft anwesend sein und umgekehrt. Wenn alle im Team die Sichtweise des anderen „Lagers“ kennen, wird Verständnis füreinander frei. Teambesprechungen sind eine gute Gelegenheit, um eigene Bedürfnisse zu äußern. Die Servicekraft könnte auf perso- nelle Engpässe hinweisen, die Küche auf ein neues Speisenangebot, das schnell an Qua- lität verliert, wenn es zu lang am Pass steht. Briefings und Meetings sind aber auch Rituale, die zelebriert werden können. Sie dienen nicht nur dem Informationsaustausch, sondern auch der Beschwörung des Teamgedankens. Das gemeinsame „High Five“, um motiviert an die neuen Herausforderungen des Tages zu gehen, gehört dazu.
Und welche Rituale können Führungskräfte außerdem etablieren?
Rituale verbinden Menschen – das hat die Psychologie längst bewiesen. Das gemeinsame Feierabendbier, der gemeinsame Ausflug – Aktivitäten dieser Art schweißen das Team zusammen. Frank Simmeth appelliert an Führungskräfte, kreative Ideen zu sammeln. „Warum nicht mal zur Einführung des neuen Speiseplans einen Koch ins Serviceteam schi- cken? Oder die Verkostung eines neuen Des- serts gemeinschaftlich mit Küche und Service zelebrieren?“ Gemeinschaft pflegen und ge- genseitiger Austausch sind die besten Mittel, um Barrieren in den Teams zu verhindern und Empathie füreinander zu gewinnen. Auch Job- Hobbing oder Job-Rotation erweisen sich in der Praxis als geeignete Tools, um Verständnis für die Arbeitsplatzanforderungen des jeweils anderen zu fördern. Handfeste Konzepte und feste Richtlinien sind dabei das Erfolgsrezept, um ein harmonisches Miteinander am Ar- beitsplatz zu sichern und den Mitarbeitenden Struktur und Orientierung zu geben.