Wunder gibt es immer wieder…
Es ist der 1. Dezember. Ganz früh wache ich an diesem Morgen in meinem Zimmer in Nürnberg auf. Kein Lärm, keine Autos…so als wenn die Welt noch schlafen würde. Vorsichtig tapse ich ans Fenster, da ein seltsames Licht hereinscheint… und da sehe ich es. Es hat die Nacht geschneit. Ich kann mich gar nicht mehr erinnern, wann es pünktlich zur Adventszeit geschneit hat. Mein inneres Kind jubiliert und nichts kann mich mehr im Zimmer halten.
Schnell packe ich meine paar Sachen, stopfe sie in den Rucksack und schleiche hinaus. Yuhuu, ich bin die Erste, die die Spuren setzt an diesem Morgen. Vorsichtig, ganz langsam, fast schon schleichend geht es Richtung Akademie. Am liebsten würde ich ja jetzt meine Langlaufskier unter die Arme nehmen und ab in die Loipe. Dazu reicht aber zum einen der Schnee nicht und zum anderen gibt es keine Loipe in der Nürnberger Innenstadt. Schade.
Langsam scheint auch die Stadt zu erwachen. Man sieht die ersten Menschen. Klar, es ist ja auch schon 6 Uhr in der Früh. Doch alles ist ein wenig leiser. Ich liebe es, wenn die Welt im Schnee versinkt oder zu mindestens weiß gepudert ist. Alles hört sich dann so gedämmt an. Klar, Schnee reflektiert den Lärm nicht, sondern schluckt ihn.
Bevor ich in die Akademie schleiche, muss ich aber noch die Stimmung festhalten am Handwerkerhof. Das Glitzern des Schnees und all der Lichterketten…ein wahrer Segen. Und so laufe ich die paar Meter zur Akademie zurück und fühle mich einfach nur leicht. Wie sehr ich mich auf meine Teilnehmer freue, die nun bald zum Seminar kommen. In der Zwischenzeit koche ich schon mal Kaffee, bereite das Catering vor und staple Holz in den Kaminofen und entfache das Feuer…Nachdenklich schaue ich ein paar Minuten in die Flammen, bis es einfach zu warm wird. Leise Gitarrenmusik holt mich sowieso zurück aus meinem Traumland. Gibt es gerade Schöneres als Musik, ein entspanntes Feuer, frischgebrühten Kaffee und ein lustiges Schneetreiben draußen? Heile Welt…könnte man sich vorstellen.
Doch draußen tobt nicht nur Schnee. Vielmehr herrscht draußen ein Virus, der es schafft, uns alle in Atem zu halten. Was wir an diesem Morgen noch nicht wissen, war, dass es ab dem nächsten Morgen einen kompletten Lockdown in Nürnberg geben sollte. Vielleicht auch besser so, denn sonst wären die Stunden mit noch mehr quälenden Sorgen gefüllt gewesen. Mittlerweile ist es auch schon 8:30 Uhr und unsere Teilnehmer kommen langsam „hereingeschneit“ und genießen die Wärme, die ihnen vom Feuer entgegenkommt. Heimelige Stunden liegen gemeinsam vor uns. Wie schön wäre es, all diese Menschen in den Arm zu nehmen, ihnen besser zeigen zu können, wie gern man sie hat und wie gut das Miteinander derzeit tut. Gut, wir versuchen durch unsere Masken hindurch zu grinsen und zu strahlen und schon das allein tut gut. Nähe…aber halt anders… Wir wussten an diesem Morgen auch noch nicht, was ab dem 16. Dezember noch alles an Änderungen kommen würde… wir ahnten es aber zumindest…
Dass ich meine Arbeit liebe, das wusste ich ja schon immer. Auch dass mir Teilnehmer ans Herz wachsen, wusste ich und spürte ich vor Corona. Dass ich Teilnehmer aber mal so vermissen könnte. Das Miteinander. Das gemeinsame Lachen auf Seminaren. Die gemeinsame Tasse Kaffee oder die Gespräche beim Mittagessen. Kleinigkeiten, die so einfach nicht machbar sind. Ich will aber gar nicht jammern. Ich habe ja das Vergnügen euch jeden Mittwoch wenigstens virtuell nah sein zu können. Wenn ihr wüsstet, was ich mir da alles so vorstelle. Wie ihr da sitzt. Die Gesichter hinter den Kameras. Die Räume, wo ihr euch das anseht. Ob ihr auf dem Sofa liegt oder gemeinsam esst und es euch gut gehen lasst. Die Zeit mit euch ist immer schön und jetzt, wo ich mal nicht „on-air“ bin, vermisse ich das auch schon wieder. Menschen gehören einfach zu Menschen. Nichts auf der Welt wird dies jemals ersetzen und Gott sei Dank wird auch Corona es nicht schaffen, uns das abzugewöhnen.
Im Gegenteil. Nach Corona schätzen wir die Nähe vielleicht wieder viel mehr. Drücken und knuddeln uns und sagen uns öfter, wie gut das Miteinander tut. Ich hoffe nicht, dass das alles nur in meinem Kopf so ist, sondern dass Begegnungen tatsächlich so stattfinden werden. Wie wichtig Familie, Freunde, Kollegen, Mitschüler usw. geworden sind, das hat man vielleicht auch erst jetzt schätzen gelernt. Und gerade Freunde haben mich oft durch diese Zeit getragen. Was haben wir auch im Team für „Kämpfe“ gefochten. Wie gehen wir vor? Wie werden unsere Teilnehmer darauf reagieren? Wie können wir es interessant gestalten? Wie kann ich Webinare überhaupt vorbereiten? Wie müssen wir das Ganze umsetzen? Wir müssen schneller werden? Wie oft bin ich unglücklich nach Hause gefahren, enttäuscht von mir. Nie wollte ich vor der Kamera stehen und jetzt sitze ich genau davor. Wie anstrengend das Ganze auch ist. Wie man mit sich hadert. Ich kann es gar nicht beschreiben. Doch wir haben nie aufgegeben.
Irgendwie haben wir uns immer zusammengerafft. Uns ausgesprochen, Neues probiert, uns gegenseitig gehalten, unterstützt, sind aufeinander zugegangen. Haben zusammen gelacht und auch zusammen geweint. Ich glaube die Wellen, die ich hier versuche zu beschreiben, die kennt in diesem Jahr jeder. Mir hat es aber sehr geholfen zu wissen, dass ich meine Wellen auch „ausleben“ darf und mich nicht verstecken muss. Dass mir geholfen wird. Immer. Immer hatte irgendwer ein offenes Ohr. Aus einem Team und Kollegen sind schließlich 5 Freunde hervorgegangen, die sich aufeinander verlassen können und füreinander da sind. In guten wie in schlechten Tagen.
Und da spielt auch jeder einzelne von euch eine große Rolle. Ihr habt uns schließlich auch getragen. Ihr habt von Anfang an zu uns gestanden. Ihr habt uns ermutigt, unseren Weg zu gehen. Ihr habt uns Feedback gegeben. Ihr hört uns zu. Ihr schickt uns liebe Kleinigkeiten. Ihr lasst uns an euren Problemen teilhaben. Auch wir lachen gemeinsam und wir weinen auch gemeinsam. Wir freuen uns voneinander zu hören und bekommen tausende von Herzen im Webinar. Mit euch gemeinsam ist es einfach großartig.
Mir fehlen die Webinare schon jetzt und ich bin ganz traurig, dass ich das letzte Webinar im Jahr nicht mit euch gemeinsam verbringen kann…aber unsere Zeit kommt nächstes Jahr wieder. Derweilen möchte ich einfach nur sagen: Danke, für all die gemeinsame Zeit, die lieben Worte und für etwas ganz Besonderes, denn wir alle sind…
Im Herzen verbunden!
Ich wünsche euch das schönste Weihnachten, viel Gesundheit, Zuversicht und Mut fürs neue Jahr und viele gemeinsame Stunden. Denn ihr seid mein ganz spezielles Wunder!